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Bilder der Fülle – Yoga und Kreativität


Im Spätsommer gab es in den Schirner-Seminarräumen die Ausstellung „Bilder der Fülle“ . Martha M . Fritsch, die Künstlerin und Yoga-Lehrerin und -Buchautorin erläutert in sieben Aspekten, wie die Fülle in die Bilder gekommen ist – und ob dies Berührung zum Yoga hat.

Der Artikel war im Schirner-Magazin im Frühjahr 2011 veröffentlicht.


1  Liebe zur Erde


Bildausschnitt „Eierstöcke“


In meinen Bildern gibt es eine Fülle an lebendigen Materialien, die Natur beschenkt uns mit Fülle 1 Pflanzenteilen, Pflanzenfarben, Gewürze, Erde, Sand, Muscheln, Harz, Erdpigmenten, Mineralpigmenten, Kleister oder natürlichen Ölen; dies malend zu verarbeiten, ist für mich zu einer Art schöpferischen Basisarbeit geworden, und ich widme die Produkte dem Erhalt und der Ausgeglichenheit unsres mütterlichen Planeten.


Ich bin dankbar, diese kreative Arbeit tun zu können;  andere Bausteine meines Alltags, die meinem Leben Struktur und Offenheit geben, helfen mir dabei: ich übe seit dreißig Jahren Yoga, unterrichte es seit zwanzig Jahren und bilde seit zehn Jahren Yogalehrer/innen aus.



2 Weiblichkeit und Fruchtbarkeit


Bildausschnitt Erdschlangen


In vielen Bildern breiten sich warme Farben aus, oft sind weibliche Formen oder Ursymbole desFülle 2 Lebens wie Spiralen oder Schlangen zu sehen. Da fördern sich das Malen und meine Arbeit gegenseitig: seit Jahren unterrichte ich Schwangere, schreibe und Lehre zum Thema „Yoga in der Schwangerschaft“. Meine eigene künstlerische Fruchtbarkeit erhielt 2007 einen großen Schub: ich erbte von meiner Schwiegermutter viele Meter altes, in dörflicher Frauenarbeit gewebtes Bauernleinen, das mich zu einer neuen Verwendung und Verwandlung rief. Auch „abfallende“ Gegenstände aus der eigenen und Familiengeschichte, oder von Freundinnen geschenkt, erleben oft Wertschätzung in meinen Bildern und werden auf eine neue Ebene gehoben: Stoffreste, Spitzen, Teile früherer Kleidung, alte Bilderrahmen, Foto- oder Bildausschnitte – ein reiches, sinnliches und lustvolles Spiel kann entstehen.


3 Starke Wesen


Bildausschnitt Löwenfrau


Viele Bilder setzen sich mit Naturwesen auseinander,Fülle 3 entstehen zum Beispiel, indem ich einen Durchrieb/ eine Frottage an einem Baumstamm oder an einem Fels anfertige  – oder wie im Bildausschnitt “Löwenfrau“ an einer Skulptur eines Kirchenportals; anschließend kommt der Stoff auf den Rahmen und wird weiter gestaltet. So können sich Wesen zeigen wie Echsen, Lindwurm, Schlange, Weidenfrauen, Eulen – Wesen, die uns Kraft schenken, uns energetisch helfen, unterstützen und schützen, die uns einladen, uns in das Bild zu vertiefen und eigene Aspekte dazu zu entdecken.


4  Heilsame Herzensbilder


Bildausschnitt Erdschlangen


In die Bilder fließt viel Herzblut ein, sie werden gestreichelt, besungen, nehmen auch meine eigenenFülle 4 Schmerzen oder Krankheiten auf. Manchmal verwunderlich, wie an wirren Tagen die schönsten Bilder entstehen, nur weil ich beherzt ans Werk gehe. So wie heilsame Mantren und gute Gedanken durch den unendlichen Raum von Herz zu Herz schwingen, erlebe ich immer öfter, dass auch die Bilder die Menschen berühren, dass sie Nützliches ausstrahlen, dass sie gute Eindrücke versammelt haben und verschenken.





5  Bilder für Menschen


Bildausschnitt Reinigung


Ich genieße es wirklich, meinen Individualismus malend ausleben zu können. Aber was wären dieFülle 5 Werke ohne die Resonanz anderer Menschen? Etliche haben ihren Platz gefunden und begleiten Frauen, Freunde, Familien durch wichtige Lebensprozesse. Die Bilder reifen weiter, wenn sie durch zwei oder drei Ausstellungsorte wandern, bevor sie persönlich entdeckt werden; so unterschiedliche Ausstellungsorte wie repräsentative Rathäuser,  eine innige Hebammenpraxis, die ernste Hospizakademie. Manche BetrachterInnen geben den Bildern neue Namen, finden darin Facetten, die mir selbst verborgen blieben. Manche Schauende schenken Bildern Wertschätzung, wo ich diese selbst vermissen ließ; das befördert wieder meine Freude, etwas auszudrücken, was sonst nicht in die Welt kommen würde. Oft male ich auch mit anderen Menschen zusammen oder parallel, wir gehen gemeinsam Schritte von klarer Sehen, Schaffen  und Zeigen.


6  Meditieren und Malen


Bildausschnitt Echsenschwestern


Meine Themen finden sich oft durch Meditieren oder Beschäftigen mit spirituellen Fragen, aber auch durch Träume oder schamanische Reisen. Zeichen und Symbole aus unterschiedlichen TraditionenFülle 6 finden Eingang in mein Bild-Bewusstsein und wollen verarbeitet werden.


Schauen wir mit einem der ältesten Mantren aus dem Yoga, aus der Isa-Upanishad, in die Tiefe:“Fülle ist dieses, Fülle ist jenes; nimmst du von der Fülle die Fülle, so bleibt doch die Fülle.“  Fülle ist Reichtum, ist Vielfalt,  aber auch Leere, ist Raum, ist Unendlichkeit, ist das Unteilbare Eine. Jedes Bild ist nur ein Bild, ein Gegenstand, der gemacht, verschenkt, verkauft, vielleicht zerstört wird – aber es kann ein Bild sein, das die Schöpfung ehrt, ein Bild, das ein Fenster öffnet in die Weite.


Fülle 77  Leinen und Licht


Bildausschnitt Echsenschwestern


Viele Bilder sind transparent, wirken neu, wenn sie in einem Fenster hängen und die Sonne und das Wetter mit ihnen spielen und sie immer wieder verändern; oder sie stehen vor einer Lichtquelle und tragen durch bunt strahlendes Licht zur Atmosphäre eines Raumes bei. Das was nicht zu sehen ist, wirkt mit; Licht verändert die Wirkung und bereichert sie, wie die Bedeutung eines Gedichts, die zwischen den Zeilen liegt oder der Klang eines Obertons, der zwischen den gesungenen Tönen hörbar werden kann.


Mögen die Bilder Freude, Leichtigkeit und Inspiration schenken!